chris libuda einhochzeitsblog 3

Es gab einmal eine Zeit, da hatten Junggesellinnen-Abschiede einen Sinn. Junggesellinnen-Abschiede. Ein Begriff, der in seiner Sperrigkeit Zeug zum Unwort des Jahres hat und den es in seiner weiblichen Form eigentlich nicht gibt. Männliche Junggesellen gab es schon immer und gibt es auch heute noch. Das sind die, wenn sie keine abbekommen, mit 50+ noch bei  Mama auf der Couch sitzen und Chips knabbern. Eine Junggesellin ist in der deutschen Sprache eher nicht vorgesehen. Wie kam es also, dass Gruppen von Frauen wahlweise Kondom-verkaufend über die Reeperbahn ziehen, gemeinsam Füße in Aquarien mit Knabberfischen hängen oder mal eben nach Manhattan jetten – und das alles kurz vor einer Hochzeit?

Am Anfang hatte es entfernt etwas mit Gleichberechtigung zu tun.

Damals, im letzten Jahrtausend, als die Männer noch einmal, ein letztes und vielleicht sogar einziges Mal, am Abend vor der Hochzeit, bevor dann aller Spaß vorbei sein sollte, sich erstens jede Menge Bier und Kurze und zweitens den Besuch im Striptease-Lokal gönnten. Um dann, am nächsten Tag,  Punkt 11 Uhr 20 verkatert am Standesamt zu erscheinen. Nach der Trauung gab es Mittagessen, Kaffeetrinken und die mentale Vorbereitung auf die Hochzeitsnacht. Mit der Ehe begann – so will es das Klischee – das Ende aller Freiheit.

Das hat sich geändert.

Hochzeiten wurden Feste, die auch die Herren nicht mehr als Strafe, sondern als Chance ansahen und bei der sie nicht mit Augenringen und dem abgestandenen Duft von unbekanntem Parfum und zu viel Kölsch auftauchen wollten. Aber den Spaß mit den Jungs und den fremden Mädels wollten sich der Bräutigam in spe dann doch nicht nehmen lassen – also wurde der Junggesellenabschied ein paar Wochen nach vorne und gerne Richtung Bangkok verlegt. So blieb Zeit, sich wieder zu erholen und die Hirnzellen, die für die Speicherung der Katastrophen-Nacht zuständig gewesen sein sollten, waren spätestens zur Hochzeit schon wieder Geschichte.

Hier kommen die Mädels ins Spiel. Spaß haben? Ohne Männer? Was die können, können wir schon lange! Prosecco floss in Strömen und um Mitternacht sprang der geölte Stripper aus der Torte  – in den 80gern gerne mit gefärbter Wolle auf der Brust; Unter großem Gekreische wurde ihm die Braut auf den Schoß gesetzt und fummelte Dollarscheine in den String. Ich erspare euch weitere Details.

Denn schon sind wir im hier und jetzt angelangt: Es heiraten die Damen und Herren der Generation Y. Für sie wurden veganer Ei-Ersatz und Emojis erfunden. Orgien gehören eher nicht zur Lebenswelt der bindungswilligen Mitt-Zwanziger. Aber die Braut von heute will es sich trotzdem nicht nehmen lassen, noch vor der Hochzeit ein Wochenende ohne störende Männer zu verbringen.

Warum eigentlich? Nichts gegen Shopping-Trips nach Mailand und Pilates-Workshops an der Nordsee, gerne auch ohne männliche Begleitung. Aber kann man das nicht nach der Hochzeit machen? Dann ist nämlich aller Stress verflogen und es müssen keine Tischkärtchen mehr gebastelt werden. Außerdem hat eine Trauzeugin vor der Hochzeit Besseres zu tun, als die Cousine, die mit der Braut nicht viel mehr als den Nachnamen gemein hat, davon zu überzeugen, dass das mit dem Bauchladen auf St. Pauli echt 80ger ist.

Ich plädiere also für dafür, das Unwort „Junggesellin“ aus dem Vokabular zu streichen, nicht alles und vor allem sich selber nicht so ernst zu nehmen und mit den Mädels Zeit zu verbringen, wann immer es sich ergibt – und wenn’s unbedingt noch vor der Hochzeit sein soll: dann wenigstens die Chippendales zu einer Runde Strip-poker einzuladen. Damit alles wieder einen Sinn hat.
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PS.: Das war meine Meinung zum Thema Junggesellinnenabschied, erschienen in der marryMAG #6 – aber mittlerweile glaube ich: Vielleicht ist so ein Junggesellinnenabschied doch eine gute Idee! Zumindest, wenn die Braut Jessi heißt und die beste Trauzeugin von allen hat…